Schauglasarmaturen erlauben die detaillierte Beobachtung von Prozessen ohne den Einsatz oft komplexer und kostspieliger Sensorsysteme. In diesem Artikel gehen wir auf gängige Bauformen für Schauglasarmaturen und deren jeweilige Vor- und Nachteile ein und erläutern einige wichtige Auswahlkriterien.

Kernkomponente einer Schauglasarmatur ist ein chemisch und physikalisch hochbeständiges Glas, meist Borosilikatglas. Liegt die Betriebstemperatur über den laut Norm zulässigen 280°C, kann das Glas zusätzlich durch eine Glimmerschicht geschützt werden. Ab 300°C kommt anstelle des Borosilikatglases oft eine Glasscheibe auf Basis von Quarz oder Saphir zum Einsatz.

Durch eine Schauglasarmatur ist eine optische Beobachtung jedes Prozesses möglich, wobei weder Elektronik noch bewegliche Mechanik erforderlich sind. Dadurch bleibt die Anlage weitgehend wartungsfrei. Wurden die chemischen und physikalischen Bedingungen des Prozesses nicht ausreichend berücksichtigt, können die Bestandteile der Schauglasarmatur Schaden durch chemische Einflüsse oder zu hohe Temperatur nehmen.
Die wichtigsten Informationen, die Sie Ihrem Schauglas-
lieferanten zur Verfügung stellen sollten, sind:

  • Prozessmedium
  • Betriebstemperatur
  • Betriebsdruck
  • Anschluss-Standard und -Maße

ÜBLICHE BAUFORMEN FÜR
SCHAUGLASARMATUREN UND
IHRE EINSATZBEREICHE

Schauglasarmaturen lassen sich grob in drei Kategorien einteilen mit unterschiedlichen Vorzügen und Nachteilen. Diese Kategorien sind Behälterschaugläser, Durchflussschaugläser und Füllstandanzeiger. Abbildung 1 zeigt einige typische Bauformen. In diesem Abschnitt werden die drei Kategorien und ihre Besonderheiten näher erläutert.


Abbildung 1: Verschiedene Bauformen von Schauglasarmaturen

BEHÄLTERSCHAUGLÄSER


Abbildung 2: Typische Bauformen von Behälterschaugläsern

Bei Behälterschaugläsern handelt es sich um flache Stahlflansche, die je nach Bauform in eine Behälterwand eingeschweißt oder auf Trägerflansche aufgeschraubt werden. Einige übliche Bauformen und Größen sind in Abbildung 2 gezeigt.

Diese Schauglasfassungen können von Anlagenbauern nach Bedarf an Rohrleitungen und Behältern angebracht werden. Behälterschaugläser sind in den Normen DIN 28120 und 28121 beschrieben, und weitere Varianten basierend auf den in den Normen beschriebenen Grundformen sind mittlerweile am Markt etabliert.


Abbildung 3: Ein typisches Schauglas des ACI Typ 320 gemäß DIN 28120 (links) sowie Typ 321 gemäß DIN 28121 (rechts)

ACI Typ 320 gemäß DIN 28120 (Abbildung 3 links) beschreibt Schauglasfassungen, die in Behälterwände eingeschweißt werden. Die Glasplatte wird dabei mit der medienseitigen Dichtung in eine Vertiefung des Grundflansches eingelegt und außen durch den Gegenflansch mit einer definierten Flächenpressung befestigt. Dadurch ist ein Austausch eventuell beschädigter Gläser mit relativ geringem Aufwand möglich. Die Vorgehensweise hierzu ist unter https://youtu.be/XswCHguZIkc ausführlich erklärt (alternativ verwenden Sie den QR-Code in Abbildung 4).

Abbildung 4: ACI Schulungsvideo „Austausch von Schauglasplatten“

Bei aggressiven Prozessmedien oder hohen Temperaturen (über 280°C) ist es bei derartigen Behälterschaugläsern möglich, eine Borosilikatglas-Platte durch eine Glimmerschicht vor chemischen Einflüssen zu schützen und die mögliche Betriebstemperatur auf 300°C zu erhöhen.

Schauglasfassungen des Typs 321 nach DIN 28121 sind dazu vorgesehen, auf einem Flansch montiert zu werden.

Die Abdichtung geschieht hier, anders als bei Typ 320, durch eine PTFE-umhüllte Weichstoffdichtung im Kraftnebenschluss. Die Flansche werden durch Vorspannschrauben miteinander verschraubt, bis sich die Metallflächen vollständig berühren. Dadurch wird die Weichstoffdichtung definiert verpresst und sorgt für eine zuverlässige Abdichtung der Schauglasfassung. Wie in Abbildung 3 rechts gezeigt, entsteht dadurch eine nahezu vollständig geschlossene Fassung für das Glas. Die Schauglasarmaturen gemäß DIN 28121 müssen zur Montage nicht zerlegt werden und können mit relativ geringem Aufwand komplett ausgetauscht werden. Ein Austausch der einzelnen Bestandteile ist hier nicht vorgesehen und sollte nur durch den Hersteller vorgenommen werden.

Basierend auf den Definitionen der DIN 28121 hat die ACI Industriearmaturen GmbH Behälterschaugläser für Temperaturen über 500°C und Drücke über 100 bar auf den Markt gebracht.

DURCHFLUSSSCHAUGLÄSER


Abbildung 5: Typische Durchflussschaugläser. Von links nach rechts: Flanschgehäuse in Schweißkonstruktion, Rohrschauglas mit Schlagschutzmantel, Zwischenflansch-Rohrschauglas.

Durchflussschaugläser sind meist mit Anschlussflanschen ausgestattet und können wie andere Armaturen in Rohrleitungen montiert werden. Die meisten Bauformen sind wahlweise mit Schraubanschlüssen. Schweißenden oder Flanschen verfügbar.
Die einfachste Variante, zu sehen in Abbildung 5 links, besteht aus einem geraden Gehäuse mit zwei gegenüberliegenden Sichtöffnungen. Basierend auf dieser Grundform sind auch Dreiwege- oder Vierwege-Schauglasarmaturen sowie Varianten mit mehreren Sichtöffnungen erhältlich, von denen einige in Abbildung 6 gezeigt sind.


Abbildung 6: Verschiedene Varianten von Durchflussschaugläsern

Bei entsprechender konstruktiver Auslegung und Materialauswahl von Gehäuse, Glas, Schrauben und Dichtungen ist diese Art von Schauglasarmatur für Anwendungen bis 1000°C und 1000 bar geeignet.

Für eine noch bessere Beobachtung der Prozesse und Medien in den Leitungen können Rohrschaugläser, wie in Abbildung 5 mittig gezeigt, eingesetzt werden. Diese Art von Schauglasarmatur bietet 360° Rundumblick und ist zusätzlich nahezu totraumfrei. Dadurch ist diese Bauform gut für Anwendungen geeignet, die hohe Anforderungen an die Hygiene stellen, aber bei vergleichsweise geringen Drücken (bis 16 bar) ablaufen. Durch den totraumarmen Innenraum ist auch der Strömungswiderstand bei Rohrschaugläsern deutlich geringer. Da die offene Glasfläche größer ist als bei anderen Durchflussschaugläsern, wird hier häufig wie auch in Abbildung 5 gezeigt ein Schlagschutz aus Plexiglas zusätzlich angebracht.

Konstruktionsbedingt sinkt der maximal mögliche Betriebsdruck, wie in Abbildung 7 gezeigt, insbesondere bei großen Nennweiten im Vergleich zu anderen Durchflussschaugläsern deutlich ab.

Für hohe Temperaturen und Drücke existieren auch Rohrschauglas-Armaturen in Zwischenflansch-Bauform, die als Ausführung in Quarzglas erhältlich sind. Ein solches Schauglas ist in Abbildung 5 rechts im montierten Zustand gezeigt.


Abbildung 7: Maximal zulässiger Betriebsdruck für Rohrschaugläser unterschiedlicher Nennweiten am Beispiel von ACI Typ 620

FÜLLSTANDANZEIGER


Abbildung 8: Typische Längsschaugläser als Füllstandanzeiger

Füllstandanzeiger sind eine Sonderform der Behälterschaugläser. Die Sichtöffnung ist hier, wie in Abbildung 8 erkennbar, schmal und lang gehalten. Wenn ein solches Schauglas in einem Behälter angebracht ist, bietet es die Möglichkeit, den Füllstand leicht von außen abzulesen. Dabei sind weder Schwimmkörper noch andere zusätzliche Bauteile erforderlich. Bei klaren, farblosen Flüssigkeiten wie Wasser kann die Ablesbarkeit durch Einsatz eines sogenannten Reflex-Glases verbessert werden. Bei diesen Gläsern sind an der Innenseite Riefen eingebracht, die durch den Unterschied in der Lichtbrechung zwischen Luft und Flüssigkeiten die Oberfläche des Prozessmediums wie in Abbildung 9 gezeigt deutlicher erkennbar machen.


Abbildung 9: Der Unterschied von Transparent-Schaugläsern (links) und Reflex-Schaugläsern (rechts) gemäß DIN 7081

Für einige Anwendungsfälle kann es wünschenswert sein, den Füllstandanzeiger als Bypass-Armatur auszuführen. In solchen Fällen wird anstelle des oberflächlich eingeschweißten Grundflansches ein rückseitig geschlossenes Gehäuse eingesetzt, das wahlweise mit Anschweißstutzen, Gewindeanschlüssen oder Flanschen versehen wird, wie in Abbildung 10 beispielhaft gezeigt.


Abbildung 10: Unterschiedliche Ausführungen von Bypass-Füllstandanzeigern

Wenn zusätzlich gewünscht ist, die Flüssigkeitssäule in der Bypass-Armatur aus mehreren Richtungen zu beobachten oder eine rückseitige Beleuchtung anzubringen, kann ein Füllstandschauglas des Typ 340 wie in Abbildung 11 eingesetzt werden. Dieser Schauglastyp kann wahlweise mit Gewindeanschlüssen, Schweißenden, Flanschen oder beliebigen weiteren Anschlussarten ausgestattet werden und ist für vergleichsweise hohe Drücke von 35 bar und mehr sowie Temperaturen bis 243°C geeignet.


Abbildung 11: ACI Typ 340, ein vollständig geschlossenes Füllstand-Schauglas mit beidseitigen Sichtöffnungen

WICHTIGE HINWEISE ZUM EINSATZ
VON SCHAUGLASARMATUREN

1. Wartungsintervalle
Die Wartungsanforderungen von Schauglasarmaturen hängen sehr stark von den Einsatzbedingungen ab. Bei aggressiven Medien, insbesondere Laugen, wird ein regelmäßiger Austausch des Glases unabhängig von der erkennbaren Abtragung empfohlen. Sind die Einflüsse der Betriebsbedingungen auf das Glas nicht bekannt, sollte das Glas regelmäßig gründlich inspiziert werden. Trübungen, Verformungen, Anzeichen von Korrosion oder oberflächliche Risse beeinträchtigen die Sicherheit des Schauglases. Werden derartige Anzeichen erkannt, sollte die Glasplatte unverzüglich getauscht werden. Ein Austausch der Glasplatte erfordert gleichzeitig einen Austausch der medienseitigen Dichtung.
2. Größe der Sichtöffnung
Grundsätzlich erfordert eine größere Sichtöffnung eine stärkere Glasscheibe um dem gleichen Druck standzuhalten wie eine kleinere Sichtöffnung. Es empfiehlt sich, die Maße im Rahmen der DIN 7080 zu halten, da die darin festgeschriebenen Maße üblicherweise mit kürzeren Lieferzeiten und geringeren Kosten beschafft werden können, was insbesondere für Ersatzteile relevant ist.
3. Dichtungsmaterialien
Das Material der Dichtung muss entsprechend der erwarteten Betriebsbedingungen ausgewählt werden. Ist die Dichtung nicht für Druck, Temperatur oder Medium geeignet, muss im Betrieb mit Leckagen gerechnet werden. Gängige Dichtungsmaterialien sind beispielsweise gebundene Aramidfasern, Graphit und PTFE.
4. Glasmaterial
Das meistverwendete Material für Schauglasarmaturen ist Borosilikatglas 3.3. Diese Glasart zeichnet sich durch eine sehr gute Beständigkeit gegenüber den meisten chemischen Einflüssen, insbesondere Säuren, aus und kann bis 280°C, mit Glimmer-Schutzscheibe bis 300°C, eingesetzt werden. Für höhere Temperaturen haben sich Quarzglas und Saphirglas etabliert, die beide bis 1100°C nahezu ohne Einschränkungen eingesetzt werden können. Saphirglas weist darüber hinaus eine ausgezeichnete Oberflächenhärte auf.
5. Gehäusematerial
Wie auch Dichtungen und Glas, muss das Metallgehäuse der Schauglasarmatur für Druck, Temperatur und Medium ausgewählt werden. Üblicherweise fällt dies in den Verantwortungsbereich der Schauglashersteller.
6. Anschlussart und -größe
Um die Schauglasarmatur in der Anlage zu montieren, muss natürlich die korrekte Anschlussart und -größe verwendet werden. Es ist daher sehr entscheidend, dass der Schauglashersteller diese Information schon bei der Anfrage erhält.
7. Besondere Anforderungen an die Konstruktion
Einige Anwendungen können besondere Anforderungen an die Schauglasarmatur stellen. Dazu zählen konstruktive
Besonderheiten wie zusätzliche Anschlüsse für Messstellen, totraumarme Innenräume oder abgerundete Kanten, um anhaftende Flüssigkeiten ablaufen zu lassen. Zusätzlich sind Beschichtungen des Innenraums möglich, um beispielsweise durch eine PTFE-Beschichtung die Säurebeständigkeit der Armatur zu verbessern.
8. Zusatzausrüstungen
Die meisten Schauglasarmaturen können nach Bedarf mit Sonderausrüstungen geliefert werden. Dazu gehören beispielsweise Fassungen für Leuchten in Halogen- oder LED-Ausführung sowie Scheibenwischermechanismen und Sprühvorrichtungen zur Reinigung der Sichtfenster. Auch Heizsysteme für die Schauglasscheiben sowie Gehäuse mit Heizmantel sind auf Anfrage verfügbar.

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Autor: Martin Esser und Dirk Göttgens,
ACI Industriearmaturen GmbH
Bildquelle: ACI Industriearmaturen GmbH