JULIA KAHLE-HAUSMANN

Anfang Juni startete ein KWS-Workshop für Führungskräfte zum Thema „Digitalisierung in Kraftwerken“. Die Erkenntnis eines Teilnehmers lautete: „Digitalisierungsprojekte sind immer Change-Projekte und sollten auch so behandelt werden!“. Diese Aussage beschreibt alles, was in der Branche seit Jahren schief läuft. Ehrgeizige Pläne zur Umsetzung digitaler Strategien berücksichtigen sehr häufig nur die betrieblich-technische Seite, selten die betrieblich-menschliche.

Autor: Julia Kahle-Hausmann Dipl.-Ing., Dipl.-Kauffr., Master of Mediation, begleitet und berät in der KRAFTWERKSSCHULE E.V. in Essen Unternehmen der Energiebranche, die die Zukunft der sich verändernden Arbeitswelt nicht nur auf technischer Basis lösen wollen.

DIE KRAFTWERKSSCHULE E.V. ALS PARTNER UND BEGLEITER IN CHANGE-PROZESSEN

Die KRAFTWERKSSCHULE E.V. (KWS) engagiert sich seit über 60 Jahren in der Ausbildung von Personal in sämtlichen technischen Bereichen des Energiesektors. Das KWS-Team „Organisationsentwicklung“ stellt hierbei zusätzlich einen starken Partner für die Branche, wenn es um Unterstützung für Initialisierung und/oder Begleitung von umwälzenden Veränderungen geht. Die „Digitalisierung“ ist neben den ökonomischen und gesellschaftlichen Umbrüchen (siehe „Kohlekompromiss“) die größte Herausforderung für eine konstruktive Zusammenarbeit von Mitarbeitern in Energieversorgungsunternehmen. Reine Schulung des Personals im Umgang mit Leittechnik, SAP, CUE etc. ist zwar nötig und auch richtungsweisend, jedoch werden Erwartungen zur gesteigerten Effektivität, Zeitersparnis oder Kostenreduktion häufig enttäuscht oder durch Unruhe, Konflikte, Verweigerung und Ängste in der Belegschaft begleitet.

GRÜNDE FÜR DAS SCHEITERN GUTER IDEEN

Warum schaffen es viele Unternehmen nicht, ihre Mitarbeiter in die schöne neue Welt der Datennutzung mitzunehmen? Die Möglichkeit, Menschen mit guten Argumenten, Fakten und Daten zu überzeugen, scheitert häufig an der irrationalen Denkweise von Menschen in Veränderungsprozessen. Gute Ideen werden „zerredet“, ausgebremst und mit negativen Argumenten belegt, bis sie zu schlechten Ideen werden. Viele Digitalisierungsprojekte floppen, weil bei der Umsetzung in der Belegschaft nur auf den rationalen Teil der Maßnahmen Wert gelegt wird, nicht auf den emotionalen. Negative Emotionen führen jedoch häufig zu Widerstand. Vor allem ältere Mitarbeiter äußern uns gegenüber oft Ängste, nicht schnell genug lernen zu können oder auch „aussortiert“ zu werden. Andere bereiten sich mental auf den Ruhestand in vielleicht fünf Jahren vor und empfinden die neue Technik als Belastung. Wieder andere fühlen sich und ihre berufliche Lebensleistung entwertet, denn es hat 15 Jahre gedauert, bis sie den Platz eines jeden Bauteils im Kraftwerk auswendig wussten. Die „Jungspunde“ bedienen eine App und haben dieselbe Leistung nach bereits 6 Monaten drauf. Aus Erfahrungen in der Branche wissen wir, dass Widerstand der Mitarbeiter in existenzbedrohliche Krisen führen kann. Jedoch ist es auch möglich, die Krise als Chance für eine nachhaltig gute Veränderung zu begreifen und mit dem Wissen und den Charakteren aller Mitarbeiter positiv zu arbeiten.

GEBEN SIE GESCHÜTZTE RÄUME FÜR PSYCHOLOGISCHE SICHERHEIT

Die Lösung ist in der Psychologie zu suchen: Was Mitarbeiter oft abhält, Ideen einfach umzusetzen, ist die Angst, unangenehm aufzufallen. Sie brauchen die Sicherheit, mit ihren Ansichten und Emotionen in einem geschützten Raum ohne Bloßstellung, Zurückweisung und negativen Sanktionen experimentieren zu können.

DAS LÖSUNGSWISSEN LIEGT IN IHREN MITARBEITERN

Das Team „Organisationsentwicklung“ der KWS arbeitet mit dem Ansatz, dass sämtliches Wissen für Lösungsansätze und deren Umsetzung bei solch tiefgreifenden Veränderungen immer in den Mitarbeitern liegt. Wir sind dabei die Prozessbegleiter und öffnen Räume für veränderte Denkmuster und Handlungsoptionen. Wir helfen Ihren Mitarbeitern Experimente und neue Ansätze zu entwickeln. Fehler können als Chance zur Entwicklung begriffen werden. Kreative Szenariotechniken in geschützten Runden malen nicht nur alle Chancen in rosarot, sondern beschäftigen sich auch mit
explizitem „Schwarzmalen“. Die Vorstellung, dass das Projekt aufgrund von Fehlern komplett floppt, weckt intensive Beschäftigung mit möglichen Ursachen und deren Beherrschung. Und das ohne die Angst, als Bedenkenträger zu gelten oder jemandem auf die Füße zu treten.

DIGITALISIERUNG IST CHANGE UND KULTURTRANSFORMATION

Wer zukünftig Digitalisierungsprojekte in seinem Unternehmen anpacken will, sollte im Voraus gut planen. Die
Belegschaft, von der Führungskraft bis zum Auszubildenden, muss konkret in diesen Change-Prozess eingebunden und die notwendige psychologische Sicherheit geschaffen werden, um die individuellen Umsetzungsmaßnahmen im Betrieb zu verankern und gemeinsam zu realisieren. Aufbruchsstimmung durch Wertschätzung und Berücksichtigung der Sicherheitsbedürfnisse ihrer Mitarbeiter wird gefördert. Die Bindung zum Unternehmen, an dessen Zukunft man „mitgebaut“ hat, wird gefestigt. So kann Digitalisierung nicht nur als technische Lösung zum Erfolgsfaktor werden, sondern auch zur Transformation der Kommunikationskultur im Unternehmen beitragen.

www.kraftwerksschule.de
Autor: Julia Kahle-Hausmann (KRAFTWERKSSCHULE E.V.)
Bildquelle: KRAFTWERKSSCHULE E.V.