Fachartikel PFAS

 

PFAS – Dichtungen aus FKM, FFKM oder PTFE sollen verboten werden – Unterschätzen wir das Problem oder ist alles nur Panikmache?!

 

Profil Stephan Kletschke mit Bild

Herr Kletschke ist Geschäftsführender Gesellschafter der meweo GmbH. Er verfügt über 30 Jahre Erfahrung in der Dichtungstechnik.

Die meweo GmbH ist spezialisiert auf Hochleistungsdichtungen in anspruchsvollen Einsatzbedingungen. Immer wenn es besonders heiß (oder kalt) ist oder wenn die Medien chemisch sehr aggressiv sind, kommen fluorierte Dichtungen von meweo zum Einsatz.

 

Viele unserer Kunden unterschätzen die PFAS Thematik massiv. Wir bekommen Anfragen wie „…aber euer FKM ist doch PFAS frei?“ Unsere Antwort ist dann ein klares ernüchterndes „Nein!“ Denn FKM und alle anderen fluorierten Elastomerwerkstoffe (also auch FFKM, FEPM, PFA, FEP und PTFE) sind nach der im Verbotsvorschlag weit gefassten Definition per se PFAS.

Wenn also der von fünf europäischen Behörden (darunter die Deutsche Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) unter Mitwirkung von UBA und BfR) bei der ECHA (Europäische Chemikalienagentur) eingereichte Vorschlag so umgesetzt würde, dann wären voraussichtlich ab 2026 Dichtungen aus diesen Werkstoffen nicht mehr erlaubt. Und verboten werden soll die Herstellung, das Inverkehrbringen sowie auch die Nutzung – das bedeutet, dass man auch aus dem nicht europäischen Ausland keine Dichtungen aus fluorierten Elastomeren einsetzen dürfte.

Was das für viele Maschinen und Anlagen bedeutet, muss wohl nicht weiter beschrieben werden. Manche Branchenspezialisten schätzen, dass in einigen Bereichen über 80% der Produktion nicht mehr möglich wäre. Ein unvorstellbares Szenario. Deshalb meinen auch Viele, dass es so ja gar nicht kommen kann und bezeichnen Aufforderungen dagegen vorzugehen als Panikmache.

Hintergrund: Die Definition von PFAS wurde im Verbotsvorschlag auf alle Substanzen ausgedehnt, die in ihrem Molekülaufbau mindestens eine CF2 – oder CF3 – Gruppe enthalten. Der Ansatz der ECHA ist dabei äußerst fragwürdig und sonderbar. So gibt es wesentliche Kritikpunkte am Vorgehen der Behörde, die auch von verschiedenen Branchenverbänden wie der Deutschen Kautschuk Gesellschaft, der European Sealing Assoziation oder der italienische Asso Gomma (italienischer Gummiverband) dargestellt werden. Die Kritikpunkte sind:

  • Die Behörden verlangen von den betroffenen Anwendern zu erklären, warum ihre Produkte nützlich oder relevant sind und warum man sie nicht durch etwas anderes ersetzen kann. Dies ist eine Umkehr der Beweislast.
  • Der Zeitraum für eine Beweisführung ist mit 6 Monaten extrem kurz angesetzt. Dabei sind die Unterlagen wie die Informationen eingereicht werden müssen kompliziert. Außerdem werden große Anwenderkreise in den vorgefertigten Online Abfragen überhaupt nicht berücksichtigt.
  • Der Vorschlag wurde nur in Englisch verfasst, gilt aber für alle 27 EU Mitgliedsstaaten und umfasst über 1500 Seiten.
  • Die Tatsache, dass PFAS Werkstoffe als unverwüstlich eingestuft werden wird als Verbotskriterium herangezogen. Langlebig sind aber auch viele andere Materialien wie Glas, Beton oder Edelstahl.
  • Zu guter letzt soll eine Gruppe von mehr als 10.000 Chemikalien verboten werden, nur weil sie strukturelle Ähnlichkeiten mit anderen Schädlichen Chemikalien haben.
  • Für Fachleute steht außer Zweifel, dass ein Verbot von fluorierten Polymeren wie FKM oder FFKM die europäische Industrie um Jahrzehnte zurückwerfen würde. Alle innovativen Prozesse benötigen Hochleistungselastomere. Und besonders für die Green Deal Bereiche Photovoltaik, Windkraft, Wasserstoffelektrolyse und Elektroantriebe sind diese Werkstoffe unabdingbar. Gäbe es hierzu Alternativen hätte der Kostendruck längst zum Ersatz dieser teuren Materialien geführt. Außerdem gelten nach verschiedenen Studien und nach einer OECD Guideline Fluorpolymere als „Substances of Low Concern“. Sie lösen sich weder in Wasser, noch gelangen sie unbeabsichtigt in den Körper.

Deshalb ist es durchaus verständlich, dass viele Menschen derzeit so reagieren, dass Sie das Thema gelassen angehen oder nicht ernst nehmen und meinen, dass ein Verbot nicht kommen wird. Auch ich meine, dass es so nicht kommen wird – aber es wird etwas kommen. Die ECHA wird bestimmt nicht sagen, dass man sich geirrt habe. Denkbar sind viele Szenarien, die uns alle intensiv betreffen werden. Deshalb sind wir alle aufgefordert unbedingt etwas zu tun. Um uns eine Stimme zu geben haben wir einen anderen Ansatz gewählt. Wir versuchen der ECHA über ein in Brüssel ansässiges Consulting-Unternehmen die Supply Chain aufzuzeigen – vom Mischer über den Hersteller von O-Ringen über Distributoren hin zu Herstellern von Pumpen oder Armaturen bis zum Maschinen und Anlagenbau mit seinen Kunden. Dabei wurden auch kleine Unternehmen wie z.B. die Firma ITS (International Technology Service) aus Jossgrund mit einbezogen. „Wir müssen alles tun, damit wir auch weiterhin in Europa wettbewerbsfähig produzieren können“ sagt Herr Jeckel, Inhaber der Firma ITS.

Wir empfehlen folgende Vorgehensweise

  • Nehmen Sie das Thema ernst – das ist Chefsache!
  • Bestimmen Sie eine Person in Ihrem Unternehmen, die für PFAS zuständig ist
  • Ermitteln Sie Ihre betroffenen Produkte und deren Anteil am Gesamtgeschäft
  • Lassen Sie sich professionell beraten
  • Nehmen Sie zum Beschränkungsdossier der ECHA Stellung (Link: Zu prüfende eingereichte Beschränkungen – ECHA (europa.eu)
  • Sprechen Sie Ihre Lieferanten an, wie sie mit dem Thema umgehen
  • Handeln Sie schnell!

 

Kasten

Herr Kletschke ist kein Berater zum Thema PFAS. Aufgrund seiner umfassenden Erfahrung und der intensiven Einarbeitung in das Thema hält er Unternehmens-Vorträge, die in das Thema einführen und gibt entsprechende Handlungsempfehlungen.