Jenna Juliane Schulte

Die deutsche Chemieindustrie gehört zu den Grundpfeilern der deutschen Industrie. Die Branche stellt vor allem wichtige Basis- und Vorprodukte her, die in allen anderen Industriezweigen benötigt werden, aber auch viele Endprodukte, die Verbraucher kennen, wie etwa Waschmittel, Farben und Lacke oder Klebstoffe. Als umsatzbezogen drittgrößte Industriebranche Deutschlands steuert die Chemie rund 200 Milliarden Euro Umsatz jährlich zur nationalen Wertschöpfung bei und beschäftigt über 460.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit meist hoher Qualifikation.

SCHLÜSSELBRANCHE IN SACHEN KLIMASCHUTZ

Die Chemieindustrie ist aber auch im Klimaschutz eineSchlüsselbranche: Einerseits durch ihre Produkte, dievielfach helfen, Treibhausgase in vielen Bereichen zumindern und Energie einzusparen. Andererseits ist sieaber auch ein bedeutender Verursacher von Treibhausgasen. In Zahlen ausgedrückt betragen die jährlichen direkten (Prozess-)Emissionen der Branche rund 33 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente, die indirekten Emissionen vorallem aus dem Strombezug rund 23 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente. Das sind etwa 7 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen. Zudem verantwortet die BrancheEmissionen, die aus dem Kohlenstoffgehalt ihrer Produktestammen – das sind weitere rund 57 Mio. Tonnen CO2.

VERANTWORTUNG FÜR KLIMA, UMWELT UND GESELLSCHAFT

Die Branche ist sich ihrer Verantwortung für Klima,Umwelt und Gesellschaft bewusst. Die chemisch-pharmazeutischeIndustrie bekennt sich zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens und zum Ziel der Treibhausgasneutralitätbis 2050. Über die Teilnahme am EU-Emissionshandelsowie durch ihre Produkte (bspw. Silizium für Photovoltaik, Rotorblätter für Windkraft, Dämmung,Leichtbau) trägt die chemisch-pharmazeutische Industrieaktiv zum Klimaschutz bei.

UNSER ZIEL: TREIBHAUSGASNEUTRALITÄT BIS 2050

Durch effizientere Prozesse und eine CO2-ärmere Energieversorgung konnte die deutsche Chemie von 1990 bis 2018 die Treibhausgasemissionen aus Energieeinsatz und Prozessen bei einem Produktionsanstieg von 76 Prozent um 51 Prozent senken. Um eine Treibhausgasneutralität bis 2050 zu erreichen, genügen weitere Effizienzverbesserungen allein aber nicht. Notwendig sind vielmehr große Investitionen in neue Technologien und Anlagen. Die chemische Industrie will auch in Zukunft einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Treibhausgasreduktionen zu erreichen, ohne dabei an Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen.

„ROAD MAP“ FÜR DIE DEUTSCHE CHEMIE

Aus diesem Grund hat sich die deutsche Chemie bereits 2019 in ihrer „Roadmap“ mit der eigenen Strategie für denKlimaschutz auseinandergesetzt. In der Roadmap hatten DECHEMA und FutureCamp für den VCI untersucht, ob und wie die Chemie bis 2050 Treibhausgasneutralität erreichenkann. Das Ergebnis: Technologisch ist es möglich. Aber umtatsächlich eine treibhausgasneutrale Chemie zu verwirklichen,müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Vor allem braucht es hohe Mengen an erneuerbarem Strom zu einem sehr günstigen Preis. Nur dann kommen die Investitionenin die neuen Technologien überhaupt zustande. Wie die Rahmenbedingungen passend ausgestaltet werden können, soll die Plattform Chemistry4Climate klären, dieder VCI gemeinsam mit dem Projektpartner VDI eingerichtethat. VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup sagte zum Startschuss Anfang März: „Technologisch verfügenwir über eine klare Perspektive für unsere Branche, aber damit alleine kommen wir nicht weiter. Wie soll zumBeispiel die gewaltige Kapazität erneuerbarer Energien aufgebautund gleichzeitig die Stromversorgung für die Unternehmenzu einem bezahlbaren Preis sichergestellt werden? Auf der Plattform ‚Chemistry4Climate‘ wollen wir zu solchenFragen Lösungsvorschläge erarbeiten.“ Die Ergebnisse derPlattform werden auch für andere Branchen relevant sein.

PHASE 1: STAKEHOLDER AUS VERSCHIEDENEN BRANCHEN MITEINBEZIEHEN

In einer ersten Phase soll von September bis Dezember 2020 die Grundlage für die Arbeit der Plattform gelegt werden. Hierzu kommen unterschiedliche Stakeholder aus den Bereichen Chemie, Energie, Maschinenbau, zirkuläre Wirtschaft, Öffentlichkeit und Politik/Regulierer zusammen. Sie klären die Ausgangsbasis und die Datenlage und formulieren konkrete Arbeitsaufträge für die Plattform. Die zweite Phase von Chemistry4Climate beginnt Anfang 2021. Hier soll ein größerer Kreis von bis zu 80 Stakeholdern eingebunden werden, die in mehreren Arbeitsgruppen Vorschläge, Handlungsempfehlungen und Lösungen erarbeiten sollen. Chemistry4Climate ist für eine Dauer von fünf Jahren ausgelegt. Die Arbeit soll in jährlichen „reviews“ überprüft werden, um zu beobachten, ob die Plattform auf dem richtigen Weg ist. Für die Organisation von Chemistry4Climate wird eine eigene Geschäftsstelle eingesetzt.

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Autor: Jenna Juliane Schulte (VCI e.V.)
Bildquelle: VCI e.V.