Chempark Leverkusen

Im Industriearmaturenbereich greifen Konstrukteure für die Erstellung dreidimensionaler Modelle in der Regel auf Computerprogramme zurück (engl. computer-aided design; kurz CAD). Auch im Fahrzeugbau, der Textilindustrie als auch zur Erstellung von Bauplänen werden diese Programme genutzt. Die Vorteile gegenüber handgefertigten Zeichnungen lagen schon Anfang der 90er Jahre, als rechnergestütztes Konstruieren salonfähig wurde, klar auf der Hand: absolute Genauigkeit, Reproduzierbarkeit und die Möglichkeit, Änderungen in Echtzeit durchzuführen und abzuspeichern. Im Industriearmaturenbereich haben sich die meisten Produktausführungen in den letzten Jahrzehnten kaum verändert, da die grundlegenden Designs im Prinzip das Optimum für ihre jeweilige Aufgabe darstellen. Bestehende Ausführungen werden eher verfeinert oder individualisiert. Verbesserte Materialien für Gehäuse und Dichtungen sowie leistungsfähigere Antriebe erhöhen beispielsweise die Lebensdauer bzw. machen die Armaturen ökonomischer, indem sie den Energieverbrauch bei teils gesteigerter Performance reduzieren.

Da in der Branche also weniger Revolution und mehr Evolution stattfindet, sind des Weiteren Programme hilfreich, mit denen Simulationen durchgeführt werden können. Zweck dieser Simulationen ist es z. B., bestehende Serien zu optimieren bzw. diese gezielt auf eine bestimmte Anwendung auszulegen. Damals nur mittels aufwendig erstelltem Prototyp möglich, werden heutzutage am Rechner Eignungs-, Funktions- oder Leistungsdaten anhand zuvor definierter Parameter geprüft. Die Ergebnisse liefern Aufschluss darüber, ob das Produkt Optimierungen durch eine Änderung in der Konstruktion oder der verwendeten Materialien hergibt. Auch Fehlerquellen können dadurch, unter Zuhilfenahme realer Testverfahren, eliminiert werden. Diese Verbesserungen sind für den einwandfreien Betrieb und somit auch für Sicherheitsaspekte höchst relevant. Denn die Einsatzgebiete von Industriearmaturen bergen zumeist Gefahrenpotential, sei es durch die geführten Medien, die Prozesse oder durch äußere Einflüsse. Heutige Software ist in der Lage, durch Partikelberechnung Medien zu simulieren, welche ihren Weg durch das Regel-/Absperrorgan finden. Das können Liquide wie Wasser oder Rohöl, aber auch Granulate oder gasförmige Medien unter definiten Druck- und Temperaturverhältnissen sein. Doch inwiefern könnte die Verlagerung der dreidimensionalen Konstruktion, vom zweidimensionalen Bildschirm in eine greifbare 3D-Umgebung die Branche voranbringen? Tatsächlich zeigen virtuelle Realitäten auf vielen Ebenen, sogar im Vertrieb, enormes Potenzial auf und könnten eine ähnliche Entwicklung auslösen wie der Wechsel vom Reißbrett zur computergestützten Konstruktion.

Die Eingabegeräte reichen von einer gewöhnlichen Maus/Tastatur-Kombination bis zur Gestensteuerung, welche durch die Bestimmung der Position von Händen und Fingern eine akkurate Interaktion mit der Simulation zulässt. Das Virtual-Reality-Headset „Oculus Rift“ der amerikanischen Firma Oculus VR sorgte durch den Kauf von Facebook im März 2014 für eine rasante Entwicklung des Marktes. So wurden zwei Jahre später weltweit bereits Investitionen im Wert von rund 1,8 Mrd. Dollar in die Technologie getätigt. Auch im Entertainmentbereich wie Computer- und Videospiele oder in der Filmindustrie erfreut sich Peripherie wie Oculus Rift oder HTC Vive dank zunehmend besserer technischer Umsetzung großer Beliebtheit. Im Besonderen die dazugehörige Softwareentwicklung stieg seit den 2016er Jahren bis heute quasi exponentiell an. Tendenz steigend. Die Hardware ist heute dank Displays mit hoher Auflösung und schnellen Computern, die für das menschliche Auge ausreichend flüssige Bildwiederholraten ermöglichen, sehr angenehm in der Anwendung – ein wichtiger Faktor, wenn es um die dauerhafte Nutzung in technischen Bereichen geht.

MEHR ÜBERSICHT, EFFIZIENZ UND MÖGLICHKEITEN

Bei der Augmented Reality geht es hingegen darum, die wahrgenommene Realität mit computergestützten, visuellen oder beispielsweise auch akustischen Einblendungen zu ergänzen. Entsprechende AR-Brillen fügen Informationen und Grafiken in die reale, sichtbare Umgebung ein. Dadurch, dass die Visualisierungen durch VR und AR nicht auf einen Bildschirm begrenzt sind, sondern prinzipiell der gesamte Raum um einen herum nutzbar gemacht werden kann, können mehr Informationen gleichzeitig dargestellt, zugeordnet und eingebunden werden. Technisch möglich und teilweise schon im Einsatz befindlich sind Programme, welche die Lage und Position von benötigten Einzelteilen in einem Magazin angeben. Der Nutzer muss weder eine Bestandsliste prüfen noch nach dem Gegenstand suchen: Die AR-Brille blendet die Route zum gelagerten Gegenstand ein, zeigt die Position und genaue Stückzahlen an. Als Gedankenstütze erhält man zusätzlich auf Wunsch eine Auflistung weiterer für das Projekt benötigter und geeigneter Komponenten. Fehlerquellen können so reduziert und der Fertigungsprozess beschleunigt werden. Eine vollständige virtuelle Realität macht das Objekt greifbar und erleichtert in der Konstruktion viele Schritte (siehe Abb. 2). Um Details näher zu betrachten oder die Perspektive zu ändern, genügen leichte Kopfbewegungen. Ein Blick zur Seite eröffnet Ablageflächen für Tabellen, Grafiken oder gesondert dargestellte Segmente. Diese können beliebig angeordnet, sortiert sowie ein- und ausgeblendet werden. Besonders der erweiterte Arbeitsplatz, weder gebunden an die Architektur der Umgebung noch an die Limitationen einer Bildschirmoberfläche, zählt hier zu den großen Vorteilen. Viele Informationen bei gleichzeitiger Übersichtlichkeit schaffen die Voraussetzungen für schnelleres und effizienteres Arbeiten. Sind mehrere Techniker am Projekt beteiligt, könnte eine im Raum „schwebende“ Industriearmatur von allen Seiten betrachtet, in eine Explosionszeichnung zerlegt werden und sich von jedem Konstrukteur gleichzeitig bearbeiten und verändern lassen – ohne dass sich mehrere Personen vor einen Bildschirm drängen müssen. Der Gebrauch von VR wäre auch im Vertriebssektor interessant. Ein Beispiel: Der Hersteller aus Deutschland demonstriert seinem Kunden in Fernost mittels VR-Life-Konferenz, wie die eigens entwickelten Sonderarmaturen in dessen Anlage integriert werden und wie wirkungsvoll sie seine Prozesse regeln. Fotorealistisch animiert untermauert die Demonstration die Zahlen und Fakten und vermittelt dem Käufer einen immersiveren Eindruck der Produkte, als es andere Formen der Darstellung vermögen. Auch Teilnehmern mit weniger stark ausgeprägtem technischem Hintergrundwissen könnten die Vorgänge anschaulicher vermittelt werden. Einen Schritt weitergedacht, werden die jeweiligen Besprechungsräume beider Unternehmen trotz großer Distanzen eins und sogar die Teilnehmer der Präsentation könnten sich dank virtueller Avatare sozusagen „in die Augen sehen“. Ein direktes Eingreifen durch Gestensteuerung und Kommunikationsmöglichkeiten via Sprachausgabe würde einen Vor-Ort-Besuch nahezu überflüssig machen.

Bei der Augmented Reality geht es hingegen darum, die wahrgenommene Realität mit computergestützten, visuellen oder beispielsweise auch akustischen Einblendungen zu ergänzen. Entsprechende AR-Brillen fügen Informationen und Grafiken in die reale, sichtbare Umgebung ein. Dadurch, dass die Visualisierungen durch VR und AR nicht auf einen Bildschirm begrenzt sind, sondern prinzipiell der gesamte Raum um einen herum nutzbar gemacht werden kann, können mehr Informationen gleichzeitig dargestellt, zugeordnet und eingebunden werden. Technisch möglich und teilweise schon im Einsatz befindlich sind Programme, welche die Lage und Position von benötigten Einzelteilen in einem Magazin angeben. Der Nutzer muss weder eine Bestandsliste prüfen noch nach dem Gegenstand suchen: Die AR-Brille blendet die Route zum gelagerten Gegenstand ein, zeigt die Position und genaue Stückzahlen an. Als Gedankenstütze erhält man zusätzlich auf Wunsch eine Auflistung weiterer für das Projekt benötigter und geeigneter Komponenten. Fehlerquellen können so reduziert und der Fertigungsprozess beschleunigt werden. Eine vollständige virtuelle Realität macht das Objekt greifbar und erleichtert in der Konstruktion viele Schritte (siehe Abb. 2). Um Details näher zu betrachten oder die Perspektive zu ändern, genügen leichte Kopfbewegungen. Ein Blick zur Seite eröffnet Ablageflächen für Tabellen, Grafiken oder gesondert dargestellte Segmente. Diese können beliebig angeordnet, sortiert sowie ein- und ausgeblendet werden. Besonders der erweiterte Arbeitsplatz, weder gebunden an die Architektur der Umgebung noch an die Limitationen einer Bildschirmoberfläche, zählt hier zu den großen Vorteilen. Viele Informationen bei gleichzeitiger Übersichtlichkeit schaffen die Voraussetzungen für schnelleres und effizienteres Arbeiten. Sind mehrere Techniker am Projekt beteiligt, könnte eine im Raum „schwebende“ Industriearmatur von allen Seiten betrachtet, in eine Explosionszeichnung zerlegt werden und sich von jedem Konstrukteur gleichzeitig bearbeiten und verändern lassen – ohne dass sich mehrere Personen vor einen Bildschirm drängen müssen. Der Gebrauch von VR wäre auch im Vertriebssektor interessant. Ein Beispiel: Der Hersteller aus Deutschland demonstriert seinem Kunden in Fernost mittels VR-Life-Konferenz, wie die eigens entwickelten Sonderarmaturen in dessen Anlage integriert werden und wie wirkungsvoll sie seine Prozesse regeln. Fotorealistisch animiert untermauert die Demonstration die Zahlen und Fakten und vermittelt dem Käufer einen immersiveren Eindruck der Produkte, als es andere Formen der Darstellung vermögen. Auch Teilnehmern mit weniger stark ausgeprägtem technischem Hintergrundwissen könnten die Vorgänge anschaulicher vermittelt werden. Einen Schritt weitergedacht, werden die jeweiligen Besprechungsräume beider Unternehmen trotz großer Distanzen eins und sogar die Teilnehmer der Präsentation könnten sich dank virtueller Avatare sozusagen „in die Augen sehen“. Ein direktes Eingreifen durch Gestensteuerung und Kommunikationsmöglichkeiten via Sprachausgabe würde einen Vor-Ort-Besuch nahezu überflüssig machen.

SCHÖNE NEUE COMPUTERWELT?

llerdings sind dies alles nur mögliche Entwicklungen. Ob sich diese Technologie auch im Industriearmaturenbereich durchsetzen wird, ist trotz großer Wahrscheinlichkeit von mehreren Faktoren abhängig. Unter anderem von der Verfügbarkeit entsprechend ausgereifter Software bis hin zum tatsächlichen Mehrwert, in Programme und kostspielige Peripherie zu investieren. Teilweise ist es zwar schon möglich, CAD-Programme via Mobilgerät mit einer VR-Brille zu koppeln. Allerdings trifft dies die eingangs abgebildeten Anwendungsgebiete nur bedingt. Nachteile wie durch VR und AR ausgelöste „Bewegungsübelkeit“, die dadurch entsteht, dass die real empfundene Bewegung von der virtuellen abweicht, gehören aufgrund voranschreitender Technik immer mehr der Vergangenheit an. Dies gilt ebenso für Schwindelgefühle und Kopfschmerz. Diese Symptome treten bei einem Teil der User entweder sofort oder nach einer gewissen Nutzungsdauer auf. Trotzdem sollte kritisch hinterfragt werden, was die Folgen einer dauerhaften Arbeit in virtuellen Umgebungen sein könnten. Beim „Game Transfer Phenomena“ – kurz GTP – kommt es bei Videospielern nach längeren Gaming-Sessions dazu, dass Handlungen bzw. Automatismen aus dem Spiel in der realen Welt fortgesetzt und adaptiert werden. Obwohl dies nur für einige Sekunden bis Minuten der Fall ist, stellt sich die Frage, wie die Auswirkungen bei reinen VR-Arbeitsplätzen der Zukunft sein könnten – besonders mit Hinblick auf noch unerforschte Spätfolgen.

Autor: Christopher Alexi (RSB Design)
Bildquelle: Shutterstock

„ES SOLLTE KRITISCH HINTERFRAGT WERDEN, WAS DIE FOLGEN EINER DAUERHAFTEN ARBEIT IN VIRTUELLEN UMGEBUNGEN SEIN KÖNNTEN.“